Pressemitteilungen sind keine Werbetexte: Zielkonflikte in der Öffentlichkeitsarbeit


Pressemitteilungen sind keine Werbetexte – Und das ist auch gut so. Selbst, wenn diese Aussage auf den ersten Blick vielleicht nicht gerne gelesen wird. Aber kein Grund zur Sorge. Denn ich bin überzeugt, dass sich genau diese Tatsache für die allermeisten Unternehmen und Organisationen durchaus als Vorteil entpuppen kann.

Ein Blick ins Landespressegesetz macht unmissverständlich deutlich, dass die Medien durch die Recherche und Verbreitung von Nachrichten einen öffentlichen Auftrag erfüllen und dazu verpflichtet sind, deren Richtigkeit im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht eingehend zu prüfen.

Dem gegenüber steht die klare Aufgabe von Kommunikation und PR in Unternehmen und Organisationen: Die Imagepflege – und nach Möglichkeit auch eine Verbesserung eben dieses Images. Vermeintlich kritische Themen sollten verschwiegen, als unbedeutend dargestellt oder aber „schön geredet“ werden.

Klar, nun könnte man als Kommunikator, Pressesprecher oder Texter sagen: „Dann ist es doch Aufgabe der Medien, zu recherchieren, wieviel harte Fakten in meinem Text stecken.“ Stimmt! Aber genau das tuen die meisten Journalisten auch. Direkt beim ersten Mal. Oder spätestens dann, wenn sie durch Leser oder Konkurrenzmedien darauf aufmerksam gemacht werden. Und ab dann gilt: Texte von diesem Unternehmen oder dieser Organisation sind mit Vorsicht zu genießen.

Die Folge: Künftig werden Sie Ihre Nachrichten vermutlich vergeblich in den Veröffentlichungen suchen.

Keine wirklich gute, und schon gar keine zukunftsorientierte Lösung!

Langfristige Glaubwürdigkeit statt kurz gedachtem Imagegewinn

Insbesondere, da die Aufgaben von gelungener Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit aus meiner Sicht weit über die Imagebildung hinausgehen. Wesentlich entscheidender ist es, Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern durch Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit zu überzeugen, um langfristig eine Vertrauensbasis aufzubauen. Und je länger eine Geschäftsbeziehung andauert (was ja durchaus im wirtschaftlichen Interesse liegen sollte), desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die am besten geschönte Werbebotschaft irgendwann wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Oder haben Sie schonmal von einem Beispiel gehört, bei dem die „Salami“- oder „Scheibchen-Taktik“ in der Kommunikation erfolgreich war?

Denn während die Sicht auf ein Unternehmen vor einigen Jahren noch hauptsächlich durch die eigene Öffentlichkeitsarbeit bestimmbar war, informieren sich Kunden, Lieferanten und andere Anspruchsgruppen heute wesentlich selbstständiger und nutzen soziale Medien und Bewertungsplattformen um sich eine eigene Meinung zu bilden. Geschönte Marketingaussagen können sich so rasant als Lüge entpuppen und ehe man sich’s versieht, entwickelt sich die tolle Werbebotschaft von gestern zum größten Imageschaden von morgen.

Unsere Chance: Fehler wirken sympathischer als Perfektion

Aber genau hier liegt auch unsere Chance! Denn ehrlich und transparent zu kommunizieren heißt aus meiner Sicht, nur perfekte Prozesse abbilden zu müssen. Im Gegenteil. Die Erfahrung zeigt, dass Unperfektheit deutlich sympathischer und menschlicher wirkt, als perfekt ausgeführte Prozesse und keineswegs als Nachteil ausgelegt wird.

Je offener Sie mit kleinen Fehlern oder Schwächen umgehen und Sachverhalte ganz ehrlich erklären, desto geschickter nehmen Sie Ihrer Konkurrenz den Wind aus den Segeln.

Die genaue Betrachtung zeigt also: Transparenz und Imagepflege in der Pressearbeit sind keineswegs zwei unvereinbare Pole. Vielmehr muss der Begriff der Imagepflege künftig vielleicht lediglich etwas anders gedacht werden. Weniger makelloses Abbild des Unternehmens und dafür mehr Realität mit allen Stärken und Schwächen. Denn nur, wo Worte und Taten zueinander passen, kann Glaubwürdigkeit entstehen.

Werbung